IGeL-Monitor: Vernichtendes Urteil für Extras beim Arzt – "vieles schadet mehr"


Um ihre Beschwerden zu lindern, geben viele gesetzlich Versicherte Geld für Selbstzahlerleistungen aus. Doch der neue IGeL-Monitor des Medizinische Dienstes Bund warnt: Die meisten dieser Leistungen richten Schaden an.
Deutschlands Krankenkassen warnen Patientinnen und Patienten vor möglichen Schäden und Nebenwirkungen durch Selbstzahlerleistungen beim Arzt. So verursachen Spritzen gegen Knie- oder Hüftschmerzen wegen Arthrose regelmäßig Schäden, wie der Medizinische Dienst Bund bei der Präsentation seines neuen IGeL-Monitors mitteilte. Die Schmerzreduktion sei hingegen so minimal, "dass sie klinisch nicht von Bedeutung ist".
IGeL steht für individuelle Gesundheitsleistungen in ärztlichen Praxen. Jedes Jahr geben gesetzlich Versicherte laut dem Medizinischen Dienst der Krankenkassen mindestens 2,4 Milliarden Euro dafür aus – von Augenheilkunde bis zur Urologie. Die Orthopädie gehört mit 397 Millionen Euro zu den drei umsatzstärksten Fachgebieten im IGeL-Markt.
Auch Kalkschulter und Tennisarm treiben viele Patientinnen und Patienten in die Praxis, beeinträchtigt durch Schmerzen und verringerte Bewegungsfähigkeit. Hier wird ihnen oft Stoßwellentherapie angeboten, auch dies eine Selbstzahlerleistung.
Und das, obwohl laut der Krankenkassen-Erhebung kaum aussagefähige Studien zu der Therapie vorliegen. Bringt Stoßwellentherapie etwas? "Unklar", lautete das Urteil des Medizinischen Dienstes.
Der IGeL-Monitor nahm die verschiedenen angebotenen Therapien unter die Lupe. Nun zogen die Expertinnen und Experten ein ernüchterndes Fazit. Von 60 geprüften IGeL werden 31 Leistungen negativ bewertet. Bei 26 ist das Ergebnis mangels ausreichender Studien unklar. Nur drei Selbstzahlerleistungen schneiden mit tendenziell positiv ab.
Vieles schade mehr, als dass es nütze, sagte der Vorsitzende des Medizinischen Dienstes Bund, Stefan Gronemeyer. Dass IGeL dennoch oft durchgeführt würden, liege an mangelhafter Information der Patientinnen und Patienten in vielen Praxen.
Eine Umfrage des Medizinischen Dienstes zeigt: Viele Versicherte denken, die Leistungen seien sinnvoll, würden aber nicht mehr von den Kassen angeboten. "Das ist falsch", sagte Gronemeyer. Er kritisierte Nutzenversprechen durch Praxisflyer und -TV. An die Adresse niedergelassener Ärzte sagte Gronemeyer: "Wir brauchen Fakten statt Werbung in den Wartezimmern."
FOCUS